Coaching bedeutet, gut zuhören können

"Gesagt heißt nicht immer richtig gehört, gehört heißt nicht immer richtig verstanden." (Konrad Lorenz)

Wie schön ist es doch, wenn jemand Zeit hat und den Erzählungen seines Gesprächspartners in Ruhe zuhören kann. Leider scheint dieses Zuhören in der hektischen Alltagswelt zur Seltenheit zu werden. Die Ablenkungen aus den sozialen Medien sind enorm, ständig ist irgendwo was los und irgendwer hat etwas ganz Besonderes mal schnell gepostet. Dabei hören die Menschen gerne stundenlang die unterschiedlichsten Podcasts – was sicherlich auch hilfreich ist und sei es, um sich "berieseln" zu lassen.

Vielleicht fehlt dann die nötige Zeit oder auch Energie, um der Kollegin oder dem Freund aufmerksam zuzuhören. Dieses aufmerksame Zuhören ist fester Bestandteil im Coaching – auch "aktives Zuhören" genannt. Das klingt erst mal banal, aber es ist weder selbstverständlich noch so ganz einfach anzuwenden.

Diese Erfahrung haben beispielsweise einige meiner Studierenden gemacht und waren immer wieder sehr positiv überrascht, welche Reaktionen beim Gesprächspartner durch aktives Zuhören entstehen. So beispielsweise auch eine junge Frau, die im Coaching berichtete, dass ihr Freund abends nach der Arbeit immer sehr wortkarg sei. Ein gutes Gespräch käme meist nicht zustande. Er würde kaum etwas erzählen. Sie glaubt, er würde sich nicht mehr für sie interessieren und ist darüber ziemlich beunruhigt. Wir haben im Coaching dann vor allem das aktive Zuhören besprochen und geübt:

➢ Das aktive Zuhören beginnt mir einer wertschätzenden inneren Haltung und einem einfühlsamen, empathischen Kontakt gegenüber dem Gesprächspartner. Ein Gespräch auf "Augenhöhe" unabhängig von Funktionen oder beruflichen Stellungen ist insbesondere für Führungskräfte wichtig.

➢ Es ist wichtig, sich Zeit zu nehmen und wirklich präsent zu sein. Dabei sollten alle möglichen Ablenkungen (smart phone etc.) ausgeschaltet sein. "Ich bin jetzt ganz hier und höre dir zu."

➢ Dann gilt es, das Gehörte mit eigenen Worten wiederzugeben, auch paraphrasieren genannt. Diese Rückfragen sollen auf das Gehörte fokussieren, dabei wird wiederholt, was vom Gegenüber beschrieben wird, um zu erkennen, ob alles richtig verstanden wurde. Es geht darum zu hören, worum es dem Gegenüber genau geht. Beispielsfragen können sein: "Du meinst also….?" Oder "Habe ich dich richtig verstanden, dass...." Beim Paraphrasieren geht es vor allem um das Beschreiben ohne zu bewerten. Nicht ganz einfach, denn meist kommen bekannte Muster auf und es werden gleich Tipps oder Lösungsempfehlungen gegeben. Dies sollte jedoch an dieser Stelle vermieden werden.

➢ Die wichtigsten Gedanken des Coachees werden zusammengefasst, eventuell können einige Aussagen dadurch verdeutlicht werden. Anschließend können vielleicht neue Schritte oder Termine vereinbart werden.

Aktives Zuhören im Coaching anwenden:
1. Wertschätzend und empathisch sein
2. Präsent und aufmerksam sein
3. Paraphrasieren – Gehörtes wiederholen
4. Zusammenfassen

Meine Coachee hat es im Gespräch mit ihrem Freund ausprobiert – und war beim nächsten Termin total glücklich. Aktives Zuhören hat wunderbar funktioniert. Ihr Freund kam ins Erzählen, es ergab sich ein schönes Gespräch. Sie hat ihm vom aktiven Zuhören berichtet und er fand es so interessant, dass er es gleich im nächsten Teammeeting einsetzen wollte. Gute Idee!

Manchmal sind es die kleinen kommunikativen Tools, die eine große Wirkung zeigen. Versuchen Sie es in einem Gespräch auch mal, bleiben Sie aufmerksam und hören Sie, was Ihnen Ihr Gesprächspartner oder Ihre Gesprächspartnerin gerade erzählt – ohne es gleich zu bewerten. Schaffen Sie ein gutes, positives Klima und seien Sie gespannt auf den gelungenen Dialog.

[08.02.2024]


"Wie geht’s? – Ach passt schon!" - Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen

Die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bei der Arbeit ist ein wichtiges Anliegen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Neben körperlichen Belastungen, wie Rückenschmerzen oder Allergien, können auch psychische Belastungen, wie Arbeitsverdichtung, Zeitdruck oder unklare Anweisungen, die Gesundheit beeinträchtigen. Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet den Arbeitgeber, solche Belastungen möglichst zu vermeiden oder zu verringern (§ 4 Ziff. 1 ArbSchG). Dazu gehört auch die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen.

Was ist eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen?

Eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen ist ein systematischer Prozess, um die psychischen Belastungen bei der Arbeit zu ermitteln, zu beurteilen und zu reduzieren. Psychische Belastung meint dabei die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken (DIN EN ISO 10075-1 2000). Zu hohe oder zu niedrige psychische Belastungen können zu arbeitsbedingtem Stress, Unzufriedenheit, Burnout oder anderen psychischen Erkrankungen führen. Die Träger der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) haben eine gemeinsame Empfehlung zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung veröffentlicht. Diese umfasst folgende Schritte:

• Ermittlung der psychischen Belastung bei der Arbeit
• Beurteilung der psychischen Belastung und ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit
• Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der psychischen Belastungssituation
• Kontrolle der Wirksamkeit der Maßnahmen

Wie kann die psychische Belastung ermittelt werden?

Die Ermittlung der psychischen Belastung kann auf verschiedene Weise erfolgen, zum Beispiel durch Beobachtungen, Interviews, Dokumentenanalysen oder Mitarbeiterbefragungen. Eine gängige Methode ist die Fragebogenerhebung, bei der die Beschäftigten anonym zu verschiedenen Aspekten ihrer Arbeit befragt werden, wie zum Beispiel Arbeitsaufgaben, Arbeitsorganisation, Arbeitsumgebung, Arbeitsklima oder Führung. Die Fragebögen sollten spezifisch und valide sein, das heißt, sie sollten die relevanten Belastungsfaktoren erfassen und zuverlässige Ergebnisse liefern.

Das Team der AGA Service GmbH hat zusammen mit mir einen wissenschaftlich fundierten, kompakten Online-Fragebogen entwickelt, der einen ersten Überblick zur Belastung der Beschäftigten geben kann. Damit wird es leichter fallen, psychische Gesundheit zu thematisieren.

Der Online-Fragebogen wurde basierend auf arbeitspsychologischen Items aufgebaut und zu einem kompakten und standardisierten Tool entwickelt. Die Auswertung erfolgt in einem sehr übersichtlichen Ampelsystem. Arbeitgeber können direkt Bereiche mit geringer Belastung (grün) bis hin zu hoher Belastung (rot) erkennen und entsprechende Maßnahmen einleiten.

Wie können die Maßnahmen umgesetzt werden?

Die Maßnahmen zur Verbesserung der psychischen Belastungssituation sollten unter Beteiligung der Beschäftigten und der Führungskräfte entwickelt und umgesetzt werden. Dabei sollten möglichst unter fachspezifischer Moderation individuelle Reflexions-Gespräche erfolgen und/oder Workshops mit den Beschäftigten und den jeweiligen Führungskräften durchgeführt werden. Die Maßnahmen sollten zielgerichtet, realistisch und verbindlich sein. Sie können sich zum Beispiel auf die Anpassung der Arbeitsaufgaben, die Verbesserung der Arbeitsorganisation, die Gestaltung der Arbeitsumgebung, die Förderung der Kommunikation oder die Qualifizierung der Führungskräfte beziehen.

Wie kann die Wirksamkeit der Maßnahmen kontrolliert werden?

Die Wirksamkeit der Maßnahmen sollte regelmäßig überprüft werden, um zu sehen, ob sie die gewünschten Effekte erzielen. Dazu können zum Beispiel erneute Mitarbeiterbefragungen, Gesundheitsdaten, Fehlzeitenstatistiken oder Mitarbeitergespräche herangezogen werden. Wenn die Maßnahmen nicht ausreichend wirken, sollten sie angepasst oder ergänzt werden.

Warum ist die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen wichtig?

Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen ist nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern auch eine Chance, die Arbeitsbedingungen und die Gesundheit der Beschäftigten zu verbessern. Insbesondere in Zeiten von hohem Fachkräftemangel bei einem gleichzeitig hohen Stand an Fehlzeiten aufgrund psychischer Beschwerden sollte jedes Unternehmen den Gefährdungsprozess psychischer Belastung beherzigt umsetzen. Gesunde und motivierte Beschäftigte sind ein wichtiger Erfolgsfaktor für jedes Unternehmen.

Link:
https://www.aga.de/leistungen/studien-employer-branding/gbpsych

Beitrag im AGA Magazin 2024, S. 72-73: https://www.aga.de/fileadmin/user_upload/News/News_2023/Magazin_2024/AGA_360___Magazin_2024.pdf

[20.11.2023]


Erfolgreiche Schichtplanumstellung

Aus meiner langjährigen Erfahrung in verschiedenen Schichtbetrieben habe ich schnell erkannt, dass jede Umstellung des Schichtplans nicht nur die betrieblichen Abläufe betrifft, sondern vor allem das soziale Leben der Beschäftigten beeinflusst. Selbst wenn der bisherige Schichtplan unbeliebt war, war er den Mitarbeitern vertraut mit all seinen Vor- und Nachteilen.



Es ist nicht ungewöhnlich, dass in der Belegschaft Widerstand aufkommt, wenn ein neuer Schichtplan eingeführt werden soll. Diesen Widerstand habe ich hautnah in einem mittelständischen Metallunternehmen miterlebt, wo der Betriebsrat gemeinsam mit der Geschäftsführung eine Umstellung des Schichtplans durchsetzen wollte. Die Idee war, anstelle von 6 aufeinanderfolgenden Nachtschichten nur noch maximal 3 Nächte hintereinander zu arbeiten.



Gemeinsam mit meiner Kollegin habe ich mehrere Workshops vor Ort geleitet. Dabei haben wir ausführlich über Chronobiologie gesprochen, also die zeitlichen Abläufe im menschlichen Körper, über die verschiedenen Chronotypen wie Lerchen und Eulen und über die Folgen von Schlafdefizit, das bei Nachtschicht auftreten kann.



Unsere Empfehlungen wurden von vielen positiv aufgenommen, jedoch gab es eine kleine, aber laute Gruppe, die sich vehement gegen jegliche Veränderung sträubte. Schließlich einigten sich alle Parteien auf eine Probezeit von 6 Monaten. Innerhalb dieses Zeitraums hatten alle Mitarbeiter die Gelegenheit, den neuen Schichtplan zu testen. Und siehe da: Nach nur 3 Monaten kam der Betriebsratsvorsitzende auf mich zu und berichtete, dass selbst diejenigen, die anfangs gegen die Veränderung waren, schnell erkannten, wie vorteilhaft der neue Plan ist. „Die Frauen im Workshop hatten recht, es geht uns jetzt viel besser“, sagte er. Was für ein ermutigendes Feedback!


[27.10.2023]


Stress managen, bevor er dich managt! Kreative Wege für mehr Leistung, Resilienz und Lebensfreude!

Stress – ein Wort, das heutzutage fast schon zum täglichen Vokabular gehört. „Ich bin so gestresst“ oder „Mach dir keinen Stress!“ sind Sätze, die wir ständig hören. Unser Leben ist ein rasantes Rennen von einem Termin zum nächsten, während wir versuchen, nicht nur unsere eigenen Erwartungen zu erfüllen, sondern auch die von anderen. Die Fomo (Fear of missing out) lässt uns selbst in unserem Privatleben keine Atempause finden. Die Ursachen für diesen Stress sind vielfältig und reichen von überhöhten Ansprüchen bis hin zum Mangel an notwendigen Ressourcen. Aber wie kann Kreativität helfen, mit diesem allgegenwärtigen Stress umzugehen?



Kreativität ist wie ein Muskel, den jeder von uns trainieren kann. Sie ermöglicht es uns, neue und nützliche Ideen zu entwickeln, um Probleme zu lösen. In unserem täglichen Leben stehen wir vor unzähligen Situationen, die Veränderungen erfordern. Kreativität ermöglicht es uns, bei unerwarteten Herausforderungen durch die Kombination von Wissen und Erfahrung innovative Lösungen zu finden. Gleichzeitig ist sie ein effektives Werkzeug für den Aufbau von Stresskompetenz und damit für unsere Gesundheit.



Aber warum ist Stress überhaupt so problematisch? Kurz gesagt: Stress versetzt unseren Körper in den Notfallmodus. Im Gehirn löst Stress eine Reaktion aus, die uns auf Kampf oder Flucht vorbereitet – ganz gleich, ob es sich um die Bedrohung durch einen Säbelzahntiger handelt (zum Glück eine Situation, die in unseren Büros selten vorkommt) oder um die unfaireren Bemerkungen eines Vorgesetzten oder die tägliche Flut von Aufgaben, die scheinbar unlösbar erscheint. In den meisten Fällen entsteht Stress durch ein Ungleichgewicht zwischen den gestellten Anforderungen und den verfügbaren Ressourcen.



Ein stressiger Moment kann auftreten, wenn wir zum Beispiel mit dem Auto durch eine Ortschaft fahren und plötzlich ein Kind hinter einem geparkten Auto auf die Straße rennt. In diesem Augenblick schärfen sich unsere Sinne, und unser Körper schaltet auf „Alarmbereitschaft“. Sobald die Situation geklärt ist – wenn wir schnell und fokussiert bremsen und das Kind sicher auf der anderen Straßenseite ist – kehrt Ruhe ein. Die Anspannung lässt nach, und wir können uns wieder entspannen. Solche Momente sind normal und harmlos, solange sie nicht täglich auftreten und uns überfordern. Chronischer Stress hingegen kann sich negativ auf unsere Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Lebensfreude auswirken.



Aber hier ist die gute Nachricht: Wir können etwas gegen Stress tun! Kreativität ist nicht nur ein Weg, um innovative Lösungen zu finden, sondern auch ein effektiver Ansatz, um Stress zu bewältigen und Resilienz aufzubauen. Indem wir unsere kreativen Fähigkeiten entwickeln, können wir lernen, stressige Situationen besser zu bewältigen, innovative Lösungen für unsere Probleme zu finden und letztendlich unser Wohlbefinden zu verbessern. Also, warum nicht gleich heute damit anfangen, unseren kreativen Muskel zu trainieren und den Stress in unserm Leben zu minimieren?


[27.10.2023]